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Der BGH hat in seinem Beschluss vom 03.05.2017 (AZ: XII ZB 415/16) die Rechte und Pflichten des Ausbildungsunterhaltes bestimmt.
Das antragstellende Land hat den Antragsgegner, dessen Tochter BAföG-Leistungen beansprucht hatte, zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt aus übergegangenem Recht aufgefordert.
Die uneheliche Tochter erwarb im Jahre 2004 ihr Abitur mit einem Notendurchschnitt von 2,3. Daraufhin bewarb sie sich für das Wintersemester 2004/2005 um einen Medizinstudienplatz. Anschließend begann sie eine Ausbildung zur anästhesietechnischen Assistentin, die sie im Januar 2008 erfolgreich abschloss, da ihr ein Medizinstudienplatz nicht zugesprochen wurde. Erst nachdem sie in dem erlernten Beruf arbeitete, wurde ihr für das Wintersemester 2010/2011 ein Medizinstudienplatz zugewiesen.
Der Vater wusste nichts über die Studienaufnahme seiner Tochter. Er erfuhr dies erst, nachdem das Land ihn zur Offenlegung seiner finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufforderte. Der Vater lebte zu keinem Zeitpunkt mit seiner Tochter in einem gemeinsamen Haushalt, seit dem 16. Lebensjahr der Tochter hatten sie auch keinen Kontakt mehr. Er schrieb ihr lediglich nach dem Abitur, dass er aufgrund des Schulabschlusses keinen weiteren Unterhalt mehr zahlen müsse, sofern sich nicht andere Umstände ergeben, die sie ihm mitteilen müsste.
Das Amtsgericht lehnte den Antrag auf Zahlung von BAföG-Leistungen ab, das Oberlandesgericht wies die Beschwerde des Landes zurück.
Die beim BGH eingelegte Rechtsbeschwerde des Landes war erfolglos. Zwar beinhaltet der Unterhalt eines Kindes gemäß § 1610 BGB die Kosten einer Berufsausbildung, jedoch gibt es hier diverse Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Beispielsweise muss sich der Ausbildungsunterhalt im Rahmen der Leistungsfähigkeit der Eltern bewegen. Ferner muss die Berufsausbildung der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes entsprechen. Zwar gibt es auch sogenannte Abitur-Lehre-Studium Fälle, bei der die Regelung auch angewandt wird, jedoch müssen hier die einzelnen Ausbildungsschritte in einem Zusammenhang stehen. Außerdem es obliegt dem Unterhaltsberechtigten gegenüber seinen Eltern bzw. den Unterhaltspflichtigen gemäß § 1610 BGB die Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit zu verfolgen und zu beenden.
Eine feste Altersgrenze, wonach der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt verfällt, ist nicht festgelegt. Vielmehr kommt es auf den Sachverhalt und auf den Einzelfall an.
Maßgeblich für die Unterhaltspflicht sind nicht nur die wirtschaftlichen Leistungsverhältnisse der Eltern, sondern auch, ob diese mit einer weiteren Ausbildungsstufe rechnen müssen. Es kann also dem Elternteil nicht zugemutet werden, dass er mit dem Ausbildungsplan seines Kindes zu diesem Zeitpunkt rechnen muss und bezüglich der Ausbildungskosten zahlungspflichtig wird.
Im vorliegenden Fall kann dem Vater bei einem Alter seiner Tochter von Mitte zwanzig nicht zugemutet werden, dass er noch mit einer Aufnahme eines Studiums rechnen muss, besonders unter dem Aspekt, dass er trotz schriftlicher Nachfrage zu keinem Zeitpunkt über die Ausbildungspläne seiner Tochter informiert wurde.
Nach diesen Vorschriften bestand in diesem vorliegenden Fall kein Anspruch mehr auf Ausbildungsunterhalt.
Der Notendurchschnitt ist hier nicht maßgeblich. Auch bei Studiengängen mit Numerus Clausus könnte eine notenbedingte Wartezeit entstehen, sodass der Unterhaltsberechtigte in dieser Zeit seinen Bedarf durch Erwerbstätigkeit sichern muss.
Beschluss des BGH vom 03.05.2017, Az. XII ZB 415/16