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Verfällt Urlaub, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht beantragt?

Das musste der Europäische Gerichtshof (EuGH, Aktenzeichen C-619/16, C-84/16) Ende letzten Jahres in zwei Fällen klären:

Ein Rechtsreferendar absolvierte seinen juristischen Vorbereitungsdienst. In den letzten Monaten des Dienstes nahm er keinen Urlaub mehr und beantragte dafür stattdessen eine finanzielle Vergütung. Dies wurde abgelehnt mit der Begründung, er habe den Urlaub nicht beantragt.

Zwei Monate vor Ende des Arbeitsverhältnisses bat ein Arbeitgeber einen anderen Arbeitnehmer, seinen Resturlaub zu nehmen, verpflichtete ihn jedoch nicht, den Urlaub an einem von ihm festgelegten Termin zu nehmen. Der Arbeitnehmer nahm nur zwei Urlaubstage und verlangte die Vergütung für die übrigen Tage.

Der EuGH entschied nun, dass Arbeitnehmer den Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsanspruch nicht schon deshalb verlieren, weil sie keinen Urlaub beantragen.

Hintergrund: Der Arbeitnehmer ist die schwächere Partei des Arbeitsverhältnisses. Er könnte davon abgeschreckt sein, Urlaub zu beantragen, da er dadurch für ihn nachteilige Maßnahmen des Arbeitgebers befürchten könne.

Arbeitnehmer verlieren ihren Urlaub daher auch dann grundsätzlich nicht, wenn sie ihn nicht beantragen.

Die Ansprüche gehen nur unter, wenn der Arbeitgeber beweist, dass er den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt hat, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen und der Arbeitnehmer freiwillig auf seinen Urlaub verzichtet hat.

Arbeitsverträge regeln daher oft, dass der gesetzliche Mindesturlaub nach der jeweils aktuellen Rechtsprechung und Gesetzgebung verfällt und der übergesetzliche Urlaub, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht bis zum Jahresende bzw. Beschäftigungsende nimmt.

Arbeitgeber sollten dafür sorgen, dass ihre Arbeitnehmer ihren Urlaub nehmen und Arbeitnehmer sollten den ihn zustehenden Urlaub, vor allem wegen seines Erholungscharakters, auch tatsächlich nehmen. Wollen Arbeitgeber verhindern, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub sammeln, müssen sie darauf hinweisen, dass nicht genommener Urlaub verfällt. Dieser Hinweis muss rechtzeitig erfolgen, sodass sie ihren Urlaub noch nehmen können.

Apropos: Die wichtigsten Fragen zum Thema Urlaub:

Darf der Arbeitgeber Urlaub verweigern?

Der Arbeitgeber muss die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen, es sei denn, dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer, sozial schutzwürdigerer Arbeitnehmer stehen entgegen (§ 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz). So darf er etwa während des Jahresabschlusses Urlaub verweigern oder Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern beim Urlaub in den Sommerferien bevorzugen.

Darf sich der Arbeitnehmer in der Probezeit Urlaub nehmen?

Arbeitgeber dürfen Urlaubswünsche in der Probezeit verweigern. Zwar haben Arbeitnehmer hier einen Urlaubsanspruch in Höhe von einem Zwölftel des Jahresurlaubs pro Monat (§ 5 Abs. 1 BUrlG). Braucht der Arbeitgeber aber die volle Probezeit, um sich ein Urteil über den Arbeitnehmer zu bilden, kann darin ein Ablehnungsgrund liegen.

Muss der Arbeitnehmer seinen Urlaub stückeln?

Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub am Stück nehmen (§ 7 Abs. 2 BUrlG). Der Arbeitgeber kann allerdings bei dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen die Teilung des Urlaubs verlangen (etwa Betriebsferien). Ungeachtet dessen hat der Arbeitnehmer jedoch einen Anspruch auf zwei Wochen Urlaub am Stück (§ 7 Abs. 2 BUrlG).

Darf der Arbeitgeber genehmigten Urlaub streichen?

Genehmigt ist genehmigt. Streicht der Arbeitgeber bereits genehmigten Urlaub, kommt es häufig zu Streitigkeiten. Kann der Arbeitnehmer dann beweisen, dass der Arbeitgeber den Urlaub genehmigt hat, stehen die Arbeitsgerichte oft auf der Seite des Arbeitnehmers. Sie entscheiden nur dann für den Arbeitgeber, wenn dieser einen absoluten Notfall geltend macht.

Muss der Arbeitnehmer im Urlaub für den Arbeitgeber erreichbar sein?

Der Urlaub dient der Erholung. Dies wird verhindert, wenn sich der Arbeitgeber jederzeit beim Arbeitnehmer melden kann. Nur bei zwingenden Notwendigkeiten, die einen anderen Ausweg nicht zulassen, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer etwa anrufen.

Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückholen?

Gegen den Willen des Arbeitnehmers geht dies grundsätzlich nicht, allenfalls etwa, wenn die Existenz des Unternehmens auf dem Spiel steht. Bricht der Arbeitnehmer aus solchen Gründen seinen Urlaub ab, muss der Arbeitgeber die Kosten dafür tragen. Die durchgearbeiteten Urlaubstage darf der Arbeitnehmer nachholen oder der Arbeitgeber muss ihn bezahlen.

Muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Urlaubstage zurückbuchen, wenn er im Urlaub krank war?

Legt der Arbeitnehmer ein Attest vor, wonach er arbeitsunfähig war, gilt der Urlaub an den Tagen der Krankheit als nicht angetreten (§ 9 BUrlG). Der Arbeitgeber muss diesen Urlaub zu einem anderen Zeitpunkt gewähren.

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