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Mitbestimmung des Betriebsrats bei Zeiterfassung durch Microsoft Excel?

Anwesenheitszeiten kann der Arbeitgeber auf vielfältige Weisen, etwa mit Stechkarten, aufzeichnen. Doch hat der Betriebsrat auch dann schon ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber die Zeiten nicht mehr handschriftlich, sondern bloß mit einer Software erfasst?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) klärte kürzlich diese Frage. Im Fall stritten der Betriebsrat und die Arbeitgeberin über das Mitbestimmungsrecht bei der Verwendung von Microsoft Excel. Damit erfasste sie die Anwesenheitszeiten der Arbeitnehmer. Zuvor zeichnete sie diese handschriftlich auf.

Das BAG entschied, dass ein Mitbestimmungsrecht besteht. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Eine solche Einrichtung lag hier vor.

Ein datenverarbeitendes System wie Excel ist zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer bestimmt, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebt oder aufzeichnet. Das gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die erfassten und festgehaltenen Daten auch auswerten oder für Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will. Eine Überwachung liegt schon im Sammeln von Informationen oder auch im Auswerten bereits vorliegender Informationen.

Das BAG entschied bereits, dass die Nutzung und der Einsatz von SAP ERP mitbestimmungspflichtig ist (BAG vom 25.09.2012 – 1 ABR 45/11). Nichts anderes kann für Microsoft Excel als alltägliche Standardsoftware gelten. Die Software muss für das Mitbestimmungsrecht auch keine bestimmte Schwelle überschreiten. Es ist also irrelevant, ob sie einfache Additionsvorgänge bloß erleichtert oder ob sie Funktionen enthält, die eine ebenso händisch mögliche Auswertung nur erleichtert.

Das diesbezügliche Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats soll verhindern, dass technische Überwachungseinrichtungen das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer beeinträchtigen, wenn sie nicht durch schutzwürdige Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind. Bei der technischen Ermittlung und Aufzeichnung der Arbeitsleistung besteht jedenfalls die Gefahr, dass die Arbeitnehmer zum Objekt der Überwachungstechnik werden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebt, speichert, verknüpft und sichtbar macht.

Laut BAG sei es auch offenkundig, dass die bei der digitalen Personalverwaltung erfassten Daten für die Verarbeitung zur Verfügung stehen und sie für eine Überwachung genutzt werden können. Dies gelte unabhängig von der genutzten Software.

Arbeitnehmer und vor allem Betriebsräte sollten daher im Zuge der zunehmenden Digitalisierung im Arbeitsalltag hellhörig werden, wenn der Arbeitgeber Abläufe ändert und dabei auf Software zurückgreift. Betriebsräte sollten prüfen, ob im Rahmen der Neuerungen ein Mitbestimmungsrecht besteht und es gegebenenfalls auch ausüben.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 23.10.2018, Az. 1 ABN 36/18

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