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Grenzen des Einsichtsrechts des Betriebsrats

Der Betriebsrat darf seine Rechte nur in „seinem“ Betrieb ausüben. Unternehmensweite Informationen kann er damit nicht einholen.

Dies stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einer Entscheidung aus dem letzten Jahr klar.

Darin stritten ein Betriebsrat und die Arbeitgeberin über sein Recht, in unternehmensbezogene Entgeltlisten zu schauen. Der Betriebsrat verlangte Einsicht in die Entgeltlisten aller Arbeitnehmer des Unternehmens, das aus mehreren Betrieben bestand. Dadurch wollte er nachvollziehen, ob die Arbeitgeberin den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrt und ob sie „seine“ Arbeitnehmer benachteiligt.

Das BAG entschied jedoch gegen den Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, ihm Einblick in diese Unterlagen zu gewähren.

Zwar muss sie dem Betriebsrat auf sein Verlangen hin jederzeit Unterlagen zur Verfügung stellen (§ 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG), wozu grundsätzlich auch Entgeltlisten zählen.

Allerdings ist dieses Recht begrenzt. Es besteht nur, wenn die Unterlagen zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlich sind.

Eine solche Aufgabe war im vorliegenden Fall jedoch nicht betroffen.

Zwar muss der Betriebsrat auch darüber wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Dazu gehört auch, dass er sicherstellen muss, dass die Arbeitgeberin den Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet (§ 75 Abs. 1 BetrVG).

Da die Befugnisse des Betriebsrats allerdings dort aufhören, wo auch sein Betrieb endet, kann er nur auf eine innerbetriebliche und nicht auf eine unternehmensweite Lohngerechtigkeit hinwirken.

Die Arbeitgeberin hingegen muss die Gleichbehandlung unternehmensweit gewährleisten, wenn sie eine Vergütungsregelung trifft, die sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens bezieht. Ein Mitbestimmungsrecht steht dann dem ebenfalls unternehmensweit tätigen Gesamtbetriebsrat zu (§§ 50, 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG).

Auch soweit es dem Betriebsrat im vorliegenden Fall darum ging, zu prüfen, ob die Arbeitgeberin seine Arbeitnehmer im Verhältnis zu anderen Arbeitnehmern des Unternehmens benachteiligt, weil sie seinen möglicherweise finanzielle Leistung vorenthält, die sie jedoch den anderen ohne sachlichen Grund gewährt, war er nicht erfolgreich. Das bloße Ermitteln einer Grundlage für mögliche Entgeltklagen einzelner Arbeitnehmer „ins Blaue hinein“ ist nicht von seinen Rechten umfasst.

Der Beschluss zeigt, dass Betriebsräte, bevor sie Rechte gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen, prüfen sollten, wie weit ihr Zuständigkeitsbereich ist. Gleiches gilt für Gesamt- und Konzernbetriebsräte.

Damit der Betriebsrat aber dennoch an die Informationen kommt, kann er einen „Umweg“ über den Wirtschaftsausschuss nehmen:

In Unternehmen mit mehr als 100 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern muss er einen solchen Ausschuss errichten. Dieser wird nicht für einen Betrieb, sondern für das Unternehmen gebildet, sodass bei ihm der Unternehmensbezug im Gegensatz zum Betriebsrat vorliegt. Er ist Hilfsorgan des Betriebsrats und unterstützt ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben, muss sogar aus mindestens einem Betriebsratsmitglied bestehen.

Das Unternehmen muss den Wirtschaftsausschuss über seine wirtschaftliche und finanzielle Lage unterrichten und ihm erforderliche Unterlagen vorlegen. Zur Lage des Unternehmens gehören alle Gegebenheiten, die auf das Unternehmen einwirken und für die unternehmerische Planung und seine wirtschaftliche Entwicklung bedeutend sind. Dazu zählen auch Personalkosten, die erforderlichen Unterlagen können u.a. Entgeltlisten sein.

Der Wirtschaftsausschuss wiederum muss den Betriebsrat über die Auskünfte, die er erhalten hat, unterrichten. Durch diesen Kunstgriff kommt er also letztlich doch an die gewünschten Informationen.

Beschluss des BAG vom 26.09.2017, Az. 1 ABR 27/16

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