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Vor Gericht wie etwa in Kündigungsschutzverfahren hängt der Erfolg einer Klage davon ab, wie gut die Parteien ihrer Darlegungs- und Beweislast nachkommen. Die Parteien müssen die Tatsachen behaupten, die für sie günstig sind, damit sie Nachteile wie beispielsweise ein abweisendes Urteil vermeiden (Darlegungslast). Ferner hat die Partei, die eine Tatsache vorträgt, diese grundsätzlich auch zu beweisen (Beweislast). Führt sie den Beweis nicht oder gelingt er ihr nicht, geht dies zu Lasten der Partei, die die Beweislast trägt. Das kann im schlimmsten Fall zum Unterliegen im Verfahren führen.
Hat eine Partei nun in einem Verfahren die für sie günstigen Tatsachen vorgetragen und bietet sie dazu auch Beweise an, stellt sich nicht selten die Frage, ob das Gericht die Beweise überhaupt verwerten darf. Dies gilt vor allem, wenn die Partei sie rechtswidrig erlangt hat. In Anbetracht der Neuregelungen des Datenschutzes durch die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist das Thema aktuell wie nie, müssen vor allem Unternehmer die komplexen Vorgaben des neuen Datenschutzes richtig umsetzen.
Gemäß Art. 24 Abs. 1 DSGVO sind sie verpflichtet, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen umzusetzen, um sicherzustellen und den Nachweis dafür erbringen zu können, dass die Datenverarbeitung der DSGVO entsprechend erfolgt. Sie müssen dabei unter anderem auch beweisen, dass sie die personenbezogenen Daten ihrer Mitarbeiter datenschutzrechtlich zulässig verarbeiten.
Zur Beweisverwertung gilt dabei grundsätzlich: Hat eine Partei die datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten, um Informationen zu erhalten, kann sie die gewonnen Daten auch in einem Prozess als Beweis verwenden. Andererseits liegt jedoch nicht automatisch ein Beweisverwertungsverbot vor, wenn eine Partei die datenschutzrechtlichen Vorgaben nicht beachtet hat. Die erlangten Daten sind in solchen Fällen nicht per se unverwertbar.
Vielmehr sind bei einem Verstoß gegen diese Vorgaben das Beweiserhebungsinteresse der einen Partei (regelmäßig der Unternehmer als Adressat des Datenschutzes) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1 und 2 Grundgesetz) der anderen Partei gegeneinander abzuwägen. Dabei schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Form der informationellen Selbstbestimmung das Recht des Einzelnen, über die Erhebung und Verwendung seiner persönlichen Daten zu entscheiden. Nur ein besonderes Beweisinteresse der einen Partei kann dabei den Schutz des Persönlichkeitsrechts der anderen Partei überwiegen. Ein solches Interesse besteht etwa in Notwehrfällen, in denen die Informationsbeschaffung und die Beweiserhebung wegen fehlender anderer Erkenntnisquellen gerechtfertigt sind, beispielsweise bei der heimlichen Aufnahme eines telefonischen Erpressungsversuchs.
Jeder Eingriff einer Partei, der die verfassungsrechtliche Position der anderen Partei nicht verletzt, führt daher auch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot. Ein solches Verbot beruht daher auch nicht auf der Verletzung des Datenschutzes, sondern vielmehr auf der Verletzung des Persönlichkeitsrechts einer Partei.
Zwar enthält das BDSG genaue Vorgaben für die Datenerhebung- und -verarbeitung, aber nicht alle darin enthaltenen Vorschriften dienen auch dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die Datenschutzvorgaben haben vielmehr eine Ordnungs- und Dokumentationsfunktion. Einfachgesetzliche Vorgaben wie das BDSG können daher nicht mit verfassungsrechtlichen Regelungen wie dem Grundgesetz gleichgesetzt werden.
Ein Beweisverwertungsverbot ist daher die Ausnahme. Es ergibt sich erst, wenn die Verwertung eines Beweises die Grundrechte der anderen Partei verletzt.
Liegt ein solcher Ausnahmefall vor und kann der angebotene Beweis daher nicht verwertet werden, stellt sich die Frage, ob die beweisbelastete Partei die Tatsachen nicht durch andere Beweismittel belegen darf. Jedoch ist auch die mittelbare Verwertung des Beweismittels (Fernwirkung), wie etwa die Vernehmung eines Zeugen über den Inhalt einer Telefonaufzeichnung, die das Persönlichkeitsrecht der anderen Partei verletzt, grundsätzlich ausgeschlossen.
Hat eine Partei Kenntnis von Tatsachen erlangt, dabei gegen das Datenschutzrecht verstoßen und scheidet die Verwertung des Beweises aus, stellt sich auch die Frage, inwieweit sie zu diesen Tatsachen überhaupt schon Sachvortrag leisten darf. Der Unterscheid zwischen Beweisverwertungsverbot und Sachvortragsverbot ist, dass bei einem Beweisverwertungsverbot über streitige Angaben, zu denen eine Partei einen Beweis anbietet, dieser Beweis nicht erhoben werden darf und die insoweit beweisbelastete Partei als beweisfällig betrachtet wird. Ein Sachvortragsverbot geht weiter: Das Gericht darf schon die vorgetragenen Tatsachen überhaupt nicht würdigen. Zu der Frage, ob der dazu angebotene Beweis verwertet werden darf oder nicht, kommt es erst gar nicht. Erlangt eine Partei Kenntnis von Tatsachen und beeinträchtigt sie dabei das Persönlichkeitsrecht der anderen Partei, kann das Gericht diese auch nicht auf der Darlegungsebene berücksichtigen. Die beweisbelastete Partei unterliegt damit einem umfassenden Sachvortragsverbot bezüglich der grundrechtswidrig ermittelten Tatsachen.
Nur ausnahmsweise, wenn die andere Partei in die Verwertung dieser Tatsachen einwilligt, darf der Vortrag berücksichtigt werden.
Erfüllen Unternehmer die Pflichten aus Art. 24 DSGVO und die Dokumentationspflichten nicht, müssen sie nicht nur mit Bußgeldern, sondern auch mit verlorenen Kündigungsschutzprozessen rechnen. Wollen sie beispielsweise eine verhaltensbedingte Kündigung mit Daten aus einer Kontrolle des Mitarbeiters rechtfertigen, liegt jedoch ein Beweisverwertungsverbot vor, ist die Kündigung regelmäßig unwirksam. Dasselbe gilt auch für Abmahnungen, die Ausübung von Weisungsrechten und alle anderen arbeitsrechtlichen Maßnahmen gegenüber Arbeitnehmern.