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Jeder Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf eine elfstündige Ruhezeit zwischen zwei Arbeitszeiten bzw. -schichten. Wenn ein Betriebsrat aufgrund einer geplanten Betriebsratssitzung diese Ruhezeit nicht einhalten kann, ist er folglich berechtigt, seine Arbeit entsprechend früher zu beenden. Gleiches gilt, wenn die Betriebsratssitzung in seiner Freizeit stattfindet.
So entschied das BAG zugunsten eines Betriebsrats eines Unternehmens mit 3-Schicht-System. Dieser war in die Nachtschicht von 22:00 bis 6:00 Uhr eingeteilt; die Betriebsratssitzung fand anschließend von 13:00 bis 15:30 Uhr statt. Er beendete seine Arbeit um 2:30 Uhr, bekam jedoch nur die Zeit bis 3:00 Uhr und von 5:00 bis 6:00 Uhr gutgeschrieben. Er verlangte auch die Gutschrift der beiden weiteren Stunden von 3:00 bis 5:00 Uhr.
Das Gericht stützte den Anspruch auf § 37 II BetrVG, wonach der Betriebsrat von seiner beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien ist, wenn seine Arbeitsleistung wegen einer erforderlichen Betriebsratstätigkeit unmöglich oder unzumutbar ist. Im vorliegenden Fall war sie unzumutbar, da dem Betriebsratsmitglied bei Fortsetzung der Arbeit die durchgehende Erholungszeit von elf Stunden gemäß § 5 I ArbZG nicht zur Verfügung gestanden hätte.
Es ließ jedoch ausdrücklich dahinstehen, ob die Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit ist und ob der Arbeitgeber deshalb eine Ruhezeit von elf Stunden gewähren muss, sondern ließ die Regelung des § 5 I ArbZG bloß als grundsätzliche Wertung in seine Entscheidung über die Zumutbarkeit der Arbeitsleistung einfließen.
Eine höchstrichterliche Entscheidung dazu steht derzeit noch aus.
Für das LAG Hamm (Beschluss, 20.04.2015, Az.12 TaBV 76/14) ist die Betriebsratsarbeit beispielsweise keine Arbeitszeit, sondern ein Ehrenamt.
Ob das BAG diese Meinung teilt, wird sich am 21.03.2017 herausstellen, dann entscheidet es über das Urteil des LAG Hamm (BAG, Az. 7 ABR 17/15).
Für Arbeitgeber hat schon dieses Urteil weitreichende Konsequenzen.
Sie müssen bei den Arbeitsabläufen einplanen, dass Betriebsräte ihre Arbeit wegen einer anstehenden Betriebsratssitzung ohne seine Zustimmung vorzeitig einstellen und dies sogar, wenn die Sitzung außerhalb ihrer jeweiligen Arbeitszeit stattfindet. Dabei müssen die Betriebsräte den Arbeitgebern dies lediglich frühzeitig mitteilen und sich vor dem Verlassen des Arbeitsplatzes bei ihnen abmelden.
Die Arbeitskraft der Betriebsräte steht ihnen in diesen Fällen nicht mehr zur Verfügung, allerdings müssen sie sie nach dem Lohnausfallprinzip vergüten, also die Vergütung weiterzahlen, die sie voraussichtlich bezogen hätten.
Die Entscheidung könnte auch zur Folge haben, dass in Zukunft auch die grundsätzliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden am Tag, die wie die Ruhezeit-Regelung dem Arbeitnehmerschutz dient, bei Betriebsratssitzungen eine Rolle spielen wird. Dies könnte beispielsweise in einem Fall relevant werden, in dem nach einem achtstündigen Arbeitstag noch eine Betriebsratssitzung ansteht.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.01.2017, Az. 7 AZR 224/15