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Schärfere Klimaziele zwingen die Automobilindustrie in die Knie. Es droht Stellenabbau, weil etwa Elektroautos weniger Produktionsaufwand erfordern. Das betrifft jedoch nicht nur die Automobilhersteller und deren Zulieferer. Auch andere Branchen sind nicht vor größeren Wellen des Stellenabbaus geschützt.
Doch selbst wenn der Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung erhält, muss der Arbeitgeber einige Voraussetzungen erfüllen, damit die Kündigung auch wirksam ist. Erhebt ein Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage und hat sie Aussicht auf Erfolg, wird der Arbeitgeber ihn im Zweifel nur mit einer empfindlich hohen Abfindung los.
Doch welche Voraussetzungen hat eine betriebsbedingte Kündigung?
Der Arbeitgeber muss eine unternehmerische Entscheidung (beispielsweise Schließung eines Betriebsteils) getroffen haben. Im Kündigungsschutzverfahren prüft das Arbeitsgericht die Entscheidung jedoch nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich war und die für sie maßgeblichen Faktoren, die Durchführung der Maßnahmen und ihre Auswirkungen im Betrieb, vor allem ob die Arbeitsplätze der betroffenen Arbeitnehmer durch eine Maßnahme weggefallen sind, vorliegen.
Das Gericht prüft die Entscheidung jedoch genauer, wenn nur ein einziger Arbeitsplatz von ihr betroffen ist. Der Arbeitgeber muss dann erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten künftig wegfallen. Er muss darstellen, wie die verbliebenen Arbeitnehmer seine Arbeit in ihrer Arbeitszeit erledigen. Anderenfalls hätte der betroffene Arbeitnehmer nämlich kaum Kündigungsschutz, denn die Stellenstreichung muss der Arbeitgeber nicht begründen, die Auswirkungen der Entscheidungen auf den künftigen Bedarf am betroffenen Arbeitnehmer sind offensichtlich und eine Sozialauswahl muss der Arbeitsgeber meist nicht durchführen, weil etwa Führungskräfte mit anderen Arbeitnehmern nicht vergleichbar sind.
Der Arbeitsplatz muss durch dringende betriebliche Erfordernisse wegfallen. Das sind etwa Rationalisierungsmaßnahmen, die Einschränkung der Produktion wegen Auftragsmangels oder die Anschaffung neuer Maschinen. Dringend sind sie, wenn der Arbeitgeber nur eine Kündigung aussprechen kann und nicht durch andere Maßnahmen der betrieblichen Lage begegnen kann. Legt der Arbeitgeber nicht dar, dass der Arbeitskräftebedarf an den betroffenen Arbeitnehmern für längere Zeit sinkt und führt er vor der Kündigung keine anderen, wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen durch, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, sich erfolgreich gegen die Kündigung zu wehren.
Der Arbeitgeber muss den betroffenen Arbeitnehmer nicht anderweitig, also im selben oder einem anderen Betrieb in seinem Unternehmen weiterbeschäftigen können. Arbeitnehmer sollten hellhörig sein, wenn sich ein Stellenabbau anbahnt und der Arbeitgeber eine Aufstellung ihrer Aufgaben oder eine Stellenbeschreibung verlangt. Der Arbeitgeber kann damit leicht darlegen, ob und welche Aufgaben entfallen bzw. welche Arbeitnehmer die Aufgaben der anderen Arbeitnehmer übernehmen können.
Ist bei mehreren Arbeitnehmern eine betriebsbedingte Kündigung grundsätzlich möglich, muss der Arbeitgeber bei der Auswahl der tatsächlich zu kündigenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte berücksichtigen. Er darf nur die Arbeitnehmer entlassen, die die Kündigung unter sozialen Aspekten am wenigsten hart trifft. Dazu muss er in einer Vergleichsgruppe den Personenkreis ermitteln, der für die Auswahl unter sozialen Aspekten in Betracht kommt. Innerhalb des Betriebs muss er alle Arbeitnehmer berücksichtigen, die mit dem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, vergleichbar sind. Die Vergleichbarkeit richtet sich nach dem Arbeitsplatz, sodass Arbeitnehmer nur vergleichbar sind, wenn sie auf der gleichen hierarchischen Ebene mit Blick auf ihre Tätigkeiten austauschbar sind. Maßgeblich ist, ob der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz wegfällt, die gleichwertige Arbeit der anderen Arbeitnehmer ausüben kann, auch wenn das eine angemessene Einarbeitungszeit erfordert.
Der Arbeitgeber muss prüfen, ob er bestimmte Personen vorrangig kündigen muss oder ob sie aus der Sozialauswahl herausfallen. Dazu zählen:
Arbeitnehmer, die die sechsmonatige Wartefrist (§ 1 Abs. 1 KSchG) nicht erfüllt haben, muss der Arbeitgeber stets vor den Arbeitnehmern kündigen, die unter den Schutz des KSchG fallen. Das gilt aber nicht, wenn der betroffene Arbeitnehmer die Wartefrist zwar nicht erfüllt hat, aber ein Leistungsträger ist, dessen Weiterbeschäftigung insbesondere wegen seiner Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs im berechtigten betrieblichen Interesse liegt (§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG)
Arbeitnehmer, die nicht ordentlich kündbar sind (etwa Betriebsratsmitglieder, Auszubildende nach Ablauf der Probezeit)
befristet beschäftigte Arbeitnehmer, da ihr Arbeitsverhältnis grundsätzlich mit Ablauf der vereinbarten Befristung endet, außer ihr Arbeitsvertrag sieht eine vorzeitige ordentliche Kündigung vor.
Anschließend muss der Arbeitgeber die eigentliche Sozialauswahl durchführen und dabei folgende Daten berücksichtigen: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und evtl. Schwerbehinderung der Arbeitnehmer. Die einzelnen Punkte sind untereinander grundsätzlich gleichwertig. Das Arbeitsgericht prüft im Streitfall nur, ob der Arbeitgeber soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Ferner muss der Arbeitgeber prüfen, ob er den Betriebsrat anhören bzw. eine Massenentlassungsanzeige fertigen muss.
Hält der Arbeitgeber bereits bei der Vorbereitung der Kündigung nicht fest, wann er warum welche Entscheidungen getroffen hat und worauf er seine Prognose stützt, dass am Ende der Kündigungsfrist der Arbeitskräftebedarf nicht mehr vorliegt, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, sich mit Erfolg gegen die betriebsbedingte Kündigung zu wehren.